Was steckt hinter dem EU-Vorschlag und dem Fit for 55 Paket? Muss ich mein Haus sanieren? Werde ich sonst zwangsenteignet? Wir haben uns die Fakten angeschaut und für Sie zusammengetragen.
Inhaltsverzeichnis

Kein Sanierungszwang: Update 2024

Nach massivem Gegenwind für das geplante Vorhaben der EU ist eine Sanierungspflicht für einzelne Wohngebäude mit der Einigung der EU vom 07.12.2023 nun vom Tisch. Das gilt insbesondere für private Häuser. Die Nachricht sollte für Hausbesitzer, die einen signifikanten Wertverlust und hohen Kosten befürchtet haben, eine massive Erleichterung sein.

Neue EU-Gebäuderichtlinie (EPBD) Dezember 2023

Die EU hält trotz Änderung des Kurses weiterhin an einer Verbesserung der Energieeffizienz von Gebäuden fest, da diese grob 40 % des gesamten Energieverbrauchs ausmachen. Die Ziele wurden allerdings neu definiert und sollen über andere Wege erreicht werden.

So soll der Energieverbrauch des gesamten Wohngebäudebestands etappenweise vermindert werden. Das erste Zwischenziel befindet sich im Jahr 2030. Bis dahin wird eine Reduzierung von 16 % angestrebt. 2035 liegt das Ziel bei 20 – 22 %. Wie auch im ursprünglichen Plan obliegt es den einzelnen Mitgliedsstaaten, wie sie diese Richtlinien im Detail umsetzen. Vorgabe ist es dabei, dass mindestens 55 % der Einsparungen durch Steigerung der Effizienz der ineffizientesten Gebäude erzielt werden.

Für Nichtwohngebäude sieht die EU jedoch ähnliche Richtlinien vor, wie jene, die ursprünglich für alle Gebäudearten angedacht waren. Auch hier soll eine schrittweise Verbesserung stattfinden. So ist das Ziel, bis 2030 16 % der Nichtwohngebäude mit der schlechtesten Energieeffizienz renovieren zu lassen. Bis 2033 sollen es die untersten 26 % der ineffizientesten Nichtwohngebäude sein.

Auch für Mieter gibt es gute Nachrichten. Die Mitgliedsstaaten sollen bei der jeweiligen individuellen Umsetzung der Richtlinien Mieter berücksichtigen, um zu verhindern, dass diese ihre Wohnung aufgrund von Mieterhöhungen nach einer Renovierung aufgeben müssen.

Zuletzt sehen die Richtlinien noch zwei weitere Möglichkeiten vor, um die Auswirkungen der geplanten Steigerung der Energieeffizienz von Gebäuden abzudämpfen.
Es soll Finanzierungsmaßnahmen und Anreize für Renovierungen geben, um unter anderem Energiearmut entgegenzuwirken. Diese sollen darüber hinaus nicht zuletzt schutzbedürftige Kunden und Gebäude der untersten Effizienzklassen adressieren, da in diesen zumeist Menschen leben, die von Energiearmut betroffen sind.
Weiterhin ist Mitgliedsstaaten die Möglichkeit offen gelassen, Ausnahmen für einzelne Arten von Gebäuden einzuführen. Denkbar wären hier etwa historische Gebäude.

Die dargelegten Informationen sollten den meisten Lesern, die sich um ihre bestehende Immobilie gesorgt haben, bereits die wichtigsten Fragen beantworten.
Weitere Pläne können der Pressemitteilung der Europäischen Kommission zu neuen Vorschriften zur Steigerung der Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden in der gesamten EU entnommen werden. Es bleibt zuletzt zu erwähnen, dass es sich hierbei um eine vorläufige Einigung handelt, bei der eine förmliche Annahme durch das Parlament und den Rat noch aussteht. Die Richtlinien wurden mit dem Beschluss vom 12.04.2024 von den EU-Staaten förmlich angenommen.

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Was bedeuten die „Hände weg von meinem Haus“ Sticker, Plakate und Posts?

Sie haben auf der Straße, an einem Auto oder online einen Sticker, ein Poster oder einen Beitrag mit dem Text „Hände weg von meinem Haus“ gesehen und fragen sich, was es damit auf sich hat?

Die BILD-Zeitung formulierte es wie folgt: Sanierungs-Wahnsinn! Deutsche haben Angst um ihr Zuhause!

Sie beziehen sich damit auf ein Klimagesetz der EU-Kommission aus dem Jahr 2021. Demnach soll die EU bis zum Jahr 2050 völlig klimaneutral werden. Die Reaktion vieler Hausbesitzer war eine gewisse Angst und Panik, von Zwangsenteigungen, Existenzängsten und verschiedenen Sorgen ist die Rede.
Wir betrachten die nüchternen Fakten gemeinsam in diesem Artikel.

Sanierungspflicht: Ursprünglicher Plan der EU

EU-Sanierungszwang: Fit for 55

Mit dem Klimaschutzpaket Fit for 55 der EU möchte der Länderverbund die Netto-Treibhausgasemissionen bis 2030 um mindestens 55 % senken. Das ist ein Zwischenziel auf dem Weg zu einer völligen Klimaneutralität, die für 2050 angestrebt wird. Konkret sollen Wohngebäude in der EU bis 2033 mindestens Energieeffizienzklasse D vorweisen können. In Deutschland gibt es zum aktuellen Zeitpunkt noch Energieklassen bis zum Buchstaben H.

Um das zu ermöglichen, werden viele Haus- bzw. Immobilienbesitzer ihre Immobilien zwangsläufig sanieren und modernisieren müssen – daher der Begriff der „EU-Zwangssanierung“. Verschiedene Experten beziffern die Kosten für eine solche Sanierung, je nach Bedarf und Größe der Immobilie, mit bis zu sechsstelligen Beträgen.

Was passiert, wenn ich mir das nicht leisten kann? Neben Zuschüssen, die für die Erneuerungsarbeiten vorgesehen sein sollen, sieht der EU-Vorschlag Maßnahmen gegen Hausbesitzer vor.

Droht Zwangsenteigung für Hausbesitzer?

Schauen wir uns den genauen Wortlaut des EU-Vorschlags an.

Die Mitgliedstaaten legen fest, welche Sanktionen bei einem Verstoß gegen die innerstaatlichen Vorschriften zur Umsetzung dieser Richtlinie zu verhängen sind, und ergreifen die zu deren Durchsetzung erforderlichen Maßnahmen. Die Sanktionen müssen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein.

Quelle: Artikel 31 des EU-Vorschlags

Zunächst die gute Nachricht: eine Enteignung wird seitens der EU nicht explizit vorgeschlagen. Tatsächlich schlägt die EU selbst garkeine konkrete Maßnahme bzw. Sanktion gegen Hausbesitzer vor, die keine entsprechende Sanierung oder weitere Arbeiten an ihrem Besitz durchführen.
Es ist Sache der Länder, wie sie mit dieser Situation umgehen. Was die EU allerdings nennt sind drei Adjektive, die auf die Sanktionen zutreffen müssen:

  • wirksam
  • verhältnismäßig
  • abschreckend

Leider sind Formulierungen in Gesetzestexten und ähnlichen Schriftstücken oft schwammig und Interpretationssache. Es stellt sich die Frage, was eine abschreckende Maßnahme ist und wo die Grenze zu einer unverhältnismäßigen Maßnahme anfängt.

Unserer Ansicht nach, und hier geben wir lediglich unsere persönliche Meinung wieder, ist ein Nutzungsverbot bzw. eine Zwangsenteignung eine unverhaltnismäßige Maßnahme für den Besitz einer anderen Person.

Disclaimer: Dieser Beitrag ersetzt keine rechtliche Beratung und wir garantieren keine Richtigkeit der oben gelisteten Angaben.

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